FAQ: Macht das Kippen der Bienenkiste die Bienen aggressiv?

Ist das Aufrechtstellen der Bienenkiste zur Bearbeitung nicht sehr unnatürlich und eine Belastung für die Bienen? Reagieren die Bienen darauf nicht aggressiv?

Es gehört zu den biologischen Grundbedingungen des Wabenbaus bei Bienen, dass die Waben oben angebaut werden und teilweise zur Stabilisierung an den Seiten. Unten werden die Waben dagegen nicht angebaut. Die Bienen wollen, dass die Waben schwingen können, weil sie darüber kommunizieren. Seit Jahrtausenden machen sich Menschen diese Eigenschaft zunutze, um in das Bienenvolk einen Blick werfen zu können, ohne das Wabenwerk (zer)stören zu müssen.

Beispiel Bienenkörbe

Ein gut bekanntes Beispiel dafür sind die Bienenkörbe. Sie werden zur Bearbeitung auf den Kopf gedreht. Auch das Vorbild der Bienenkiste, der Krainer Bauernstock, wird seit Jahrhunderten so bearbeitet.

Das ist also keineswegs eine neue Idee, sondern bewährte Praxis. Sie ist nur in letzter Zeit in die Vergessenheit geraten, weil heutzutage die Waben im Mobilbau einzeln in Holzrähmchen entnommen werden können.

Verletzungen des Wabenwerks

Wenn man das Bienenvolk als Ganzes mit einem Organismus vergleicht (man sagt dazu auch “der Bien”), dann ist das Wabenwerk vielleicht mit den Knochen vergleichbar. Waben einzeln zu entnehmen – so wie man es im Mobilbau machen muss – ist eine Verletzung dieses “Körpers”. Wachsbrücken und Verkittungen mit Propolis reißen auf und das Mikroklima, das die Bienen sehr genau kontrollieren, wird zerstört. Die Bienen brauchen bis zu mehrere Tage, um diese Verletzungen wieder vollständig zu heilen. Nur durch intensive Zuchtbemühungen hat man es geschafft, eine Biene zu züchten, die sich das überhaupt “gefallen” lässt, ohne gleich den Imker anzugreifen. In der Natur wäre das “Alarmstufe Rot”.

Erschütterungen

Im Stabilbau (wie bei der Bienenkiste oder bei Bienenkörben) wird der Wabenbau in sich nicht gestört. Die Kiste wird ja nur als Ganzes bewegt. Das Leben der Bienen spielt sich in den Wabengassen ab. Und dort verändert sich durch das Aufrechtstellen der Bienenkiste nichts. Ihr Lebensraum bleibt unangetastet. Die Störung ist wesentlich geringer, als wenn man Waben einzeln herausnimmt. Bienen reagieren auf Erschütterungen empfindlich (gereizt). Man sollte daher grundsätzlich vorsichtig mit Bienenkästen umgehen. Das ist aber keine Besonderheit der Bienenkiste. Auch Magazin-Bienenkästen (beim Wandern) und die einzelnen Magazin-Zargen (bei jeder Kontrolle) müssen bewegt werden.

Gleichgewichtssinn

Die Bienen haben einen Gleichgewichtssinn und wissen natürlich, wo “oben” und “unten” ist. Sie werden die Änderung der Position der Kiste beim Aufrechtstellen sicherlich irgendwie “merken”. Diese Veränderung betrifft bzw. bedroht ihren Lebensraum aber nicht direkt. Deshalb reagieren die Bienen darauf auch nicht aggressiv. Die Lageänderung beim Aufrechtstellen der Bienenkiste findet außerdem nur kurzzeitig statt. Nachdem die Bienenkiste wieder in der Ausgangslage steht, ist alles wie vorher. Selbst das Mikroklima wurde nicht zerstört, und es gibt keine Verletzungen am Wabenwerk, die wieder geheilt werden müssten.

Warteschleifen

In der Zeit, in der die Bienenkiste aufrecht steht, finden rückkehrende Sammelbienen nicht mehr in den Kasten zurück, weil sie sich die genaue Position des Fluglochs gemerkt haben. Und das ist plötzlich nicht mehr da, wo sie es erwarten. Sie fangen an, vor der Bienenkiste “Warteschleifen” zu drehen. Dabei bleiben sie friedlich, denn Sammelbienen mit gefülltem Honigmagen stechen grundsätzlich nicht, weil die Verteidigung des Bienenstocks nicht zu ihren Aufgaben gehört. Sobald die Bienenkiste wieder in der normalen Position steht, landen die kreisenden Bienen innerhalb weniger Minuten. Diese kleine Verzögerung bei der Rückkehr der Sammelbienen ist also weder mit einer aggressiven Reaktion verbunden, noch beeinträchtigt sie das Leben der Bienen nachhaltig.
(Es ist gut, wenn man das Öffnen der Bienenkiste zu Zeiten macht, wenn der Bienenflug nicht so stark ist – z.B. morgens oder abends.)

Wesensgemäß

Diese Art, in ein Bienenvolk zu schauen, ist daher ausgesprochen wesengemäß und bienenfreundlich und zugleich sehr angenehm für den Imker. Außerdem muss die Bienenkiste wesentlich seltener geöffnet werden, als das bei der konventionellen Bienenhaltung der Fall ist.

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