Verstehend imkern

Die wesensgemäße Bienenhaltung hat wichtige Parallelen zur Permakultur. Dort geht es darum, Ökosysteme grundlegend zu verstehen und nachzuempfinden, so dass sie sich dauerhaft selbst regulieren können. Vielfalt, »der-Natur-ihren-Lauf-lassen« und »sich-Zeit-nehmen« spielen dabei eine wichtige Rolle.

26. Mai 2016 Erhard Maria Klein
   Wesensgemäße Bienenhaltung / Zeidlerei

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»Verstehen« bedeutet die natürliche Entwicklung und die Bedürfnisse des Bienenvolkes zu kennen. Man lässt der Natur so weit wie möglich ihren Lauf und vermeidet Eingriffe. Langfristiges Ziel wäre die Etablierung von Bienenvölkern, die ohne Fütterung und Behandlung mit Medikamenten auskommen, wie es die gerade neu aufkommende Zeidler-Bewegung verfolgt.

Da Insekten unmittelbar eng mit dem sie umgebenden Ökosystem verbunden sind, ist das ein weiter Weg, denn nur wenn auch die Umwelt entsprechende Rahmenbedingungen bietet, ist dies möglich. Es werden immer wieder einfache Lösungen und Heilsversprechen im Zusammenhang mit dem sogenannten »Bienensterben« propagiert, die aber nur am Bienenvolk ansetzen. Solche Konzepte können nicht wesensgemäß sein und werden nicht halten, was sie versprechen, weil sie die Komplexität des Ökosystems verdrängen.

Zur Sorge um die Bienen gehört auch der Einsatz für eine blühende Landschaft, der Kampf gegen Pestizide, Monokultur und Gentechnik - also für einen ökologischen Wandel in der Landwirtschaft und Landschaftsgestaltung. Diese Transformation unserer Umwelt ist eine Herkulesaufgabe, die dennoch verfolgt werden muss - im Interesse der Bienen, aber auch im Interesse unserer eigenen Zukunft. Verhältnismäßig einfach dagegen ist es eine »permakulturelle Perspektive« beim Umgang mit den Bienen zu entwickeln:

Man kann keine Bienen halten, ohne einiges über sie zu wissen

Man kann keine Bienen halten, ohne einiges über sie zu wissen. Das ist in der konventionellen Bienenhaltung nicht anders als in der wesensgemäßen Bienenhaltung. Aber es gibt einen zentralen Unterschied in der Perspektive: Versuche ich die Bienen zu verstehen, um sie in erster Linie für meine (ökonomischen) Zwecke manipulieren zu können? Oder geht es mir darum, sie zu verstehen, um ihnen optimale Rahmenbedingungen für ihre natürliche Entwicklung zu bieten, und nur dort eingreifen zu müssen, wo es unbedingt nötig ist?

Meine Perspektive, die Erwartungen, mit denen ich an die Bienenhaltung gehe, und mein Bild vom »Bien« haben daher auch großen Einfluss auf die Wahl der Bienenwohnung. Deshalb gibt es auch nicht »zu viele« Beutensysteme, wie manchmal geklagt wird. Es gibt so viele Beuten, wie es unterschiedliche Erwartungen der Imker und Rahmenbedingungen in der Umwelt gibt. Manche Bienenwohnungen erleichtern bestimmte Eingriffe und Einblicke für den Imker oder entsprechen eher den natürlichen Bedürfnissen des »Biens« (was sich tendenziell eher widerspricht).

Anderseits kann ein Imker, der den »Bien« verstanden hat, in jeder Beute imkern, weil er weiß, wie »der Bien tickt«, und z. B. Anfänger unter seine Fittiche nehmen, selbst wenn der in einem Beutensystem imkert, das er nicht aus eigener Praxis kennt.

Wie lernt man »den Bien« zu verstehen?

Wie lernt man »den Bien« zu verstehen? Durch Neugier, durch geduldiges Beobachten, durch kritisches Lesen, aber vor allem durch andere Menschen - durch Vorbilder und Lehrer. Besuchen Sie Kurse und Seminare und nehmen Sie Kontakte zu Imkern und Imkervereinen in der Nachbarschaft auf.

Die Angebote von Mellifera e. V. (aber natürlich nicht nur diese) sind aus einem wesensgemäßen Geist entwickelt worden und können Ihnen helfen, ein »verstehender Imker« im Geiste der Permakultur zu werden:


Ein besonderer Tipp: Tagung mit Thomas D. Seeley

(Foto: Jürg Vollmer)
(Foto: Jürg Vollmer)
Der amerikanische Bienenwissenschaftler Thomas D. Seeley gilt als der weltweit renommierteste Kenner wildlebender Honigbienen und kommt erstmals nach Deutschland, um uns an seinen Erfahrungen teilhaben zu lassen.

Tagungsdokumentation

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