Varroadezimierung durch Schwärmen
Der vergangene Winter war für die Varroabehandlung schwierig. Viele Völker haben durchgebrütet, manche Imker haben deshalb gar nicht erst mit Oxalsäure behandelt. Damit steigt die Gefahr, dass die Varroapopulation früh im Jahr die Schadschwelle erreicht.
22. April 2016
Erhard Maria Klein
Bienengesundheit / Schwarmvermehrung / Varroa / Problembehandlung
Der Schwarmtrieb ist ein natürlicher Mechanismus des Bienenvolks, Krankheiten hinter sich zu lassen. Wir können uns das gezielt zunutze machen, um die Varroabelastung zu senken.
von Erhard Maria Klein und Gunnar Weidt
Natürlicher Schwarmtrieb
Wenn ein Bienenvolk schwärmt, lässt es ⅘ der Milben im Muttervolk zurück. Der Schwarm ist je nach Anfangsbelastung relativ unbelastet. Im Muttervolk dauert mindestens 10 Tage, bis die Jungkönigin anfängt Eier zu legen und weitere 9 Tage, bis wieder verdeckelte Brut im Volk ist. In dieser Zeit können sich die Milben nicht weiter vermehren. Das alleine würde schon die Varroaentwicklung dämpfen. Ein Teil der Milben wird aber in dieser Zeit steril und kann sich nicht mehr vermehren. Dadurch ist auch für das Muttervolk ein erheblicher positiver Effekt zu verzeichnen. Unser Freund Albert Muller, Bienenzuchtberater aus Holland, berichtete mir erst vor kurzem davon, dass er auf diese Art die Milbenbelastung so gut im Griff hat, dass er auf weitere Behandlungen verzichten kann. (Wer das jetzt selbst probieren will, sollte wissen, dass Albert Jahrzehnte Erfahrung hat und bei den einzelnen Völkern sehr genau beobachtet, ob die Milbenbelastung unter der Schadschwelle bleibt.)
Die Brutunterbrechung im Zusammenhang mit dem Schwarmgeschehen bietet bei starker Belastung die Möglichkeit, eine Entmilbung mit Oxalsäure durchzuführen. Beim frisch eingeschlagenen Vorschwarm behandeln Sie exakt am neunten Tag, bevor die ersten Brutzellen verdeckelt werden. Bei einem Nachschwarm warten Sie die Begattung der Königin ab und behandeln nach ca. zwei bis drei Wochen. Beim Muttervolk warten Sie ab, bis die Brut ausgelaufen ist (also 24 Tage nach Schwarmabgang). In der Bienenkiste und anderen Stabilbaubeuten behandeln Sie mit der Oxalsäure-Träufelmethode oder -Verdampfung (in Deutschland nicht zugelassen, aber zu diesem Zeitpunkt besser wirksam). In der Einraumbeute und anderen Mobilbaubeuten können Sie auch Milchsäure sprühen (oder Oxalsäure – als Sprühverfahren ebenfalls in Deutschland nicht zugelassen). (Manche Imker besprühen bereits den Schwarm mit Milchsäure. Wir haben damit aber keine eigenen Erfahrungen.)
Wenn Sie mit Oxalsäure behandeln, darf in diesem Jahr der Honig nach Honigverordnung nicht in Verkehr gebracht werden. Bei den Jungvölkern ist das auch eher unproblematisch, da eine Ernte sowieso noch nicht erwartet wird. Beim Muttervolk gibt es als chemielose Alternative die Möglichkeit der Brutentnahme, nachdem wieder größere Mengen verdeckelter Brut vorhanden sind. (s.u.).
Brutunterbrechung künstlich herbeiführen
Bei weitem nicht jedes Volk kommt jedes Jahr in Schwarmstimmung. Bei Völkern, die im Winter nicht wirksam behandelt werden konnten, sollten Sie also schon vorausblickend Maßnahmen ergreifen. Sie könnten die Völker eng halten und nicht erweitern bzw. nicht den Honigraum freigeben. Das wird eine frühe Schwarmstimmung begünstigen. Wenn die Völker im Laufe des Mai nicht in Schwarmstimmung kommen, können Sie analog zur Schwarmvorwegnahme auch die Königin und einen Teil der Bienen entnehmen und damit einen Kunstschwarm bilden. Das weitere Vorgehen wäre dann wie beim natürlichen Schwarm. Im Mobilbau ist das verhältnismäßig einfach, in der Bienenkiste würde das über einen Trommelschwarm geschehen.
Totale Brutentnahme
Die oben beschriebenen Verfahren sind nicht nur eine wirksame Varroabehandlung, sondern bescheren Ihnen auch weitere Bienenvölker. Wenn Sie Ihren Völkerbestand nicht vergrößern wollen, können Sie stattdessen eine totale Brutentnahme durchführen und so bei dieser Gelegenheit gleichzeitig eine komplette Bauerneuerung vornehmen. Im Normalfall würde man eine Bauererneuerung in Verbindung mit dem Schwarmtrieb machen, damit die Brut nicht verloren geht. Man würde die Waben also erst herausnehmen, wenn alle Bienen geschlüpft sind. Im Blick auf die Varroabekämpfung ist aber gerade die Brutentnahme die wirksame Maßnahme und stellt eine chemielose Alternative zur Behandlung mit organischen Säuren dar:
Sie fegen die Bienen gemeinsam mit der Königin ab und verfahren mit ihnen weiter wie mit einem Schwarm. Er wird später wieder am gleichen Standort in dieselbe Beute einlogiert, nachdem die alten Waben gegen neue Rähmchen (bzw. in der Bienenkiste: Holzleisten) mit Anfangsstreifen getauscht worden sind. In der Einraumbeute/Mobilbau betrifft das natürlich nur die Brutwaben, in der Bienenkiste würden alle Waben komplett entnommen. Wenn Sie im Winter nicht behandelt haben und keinen Zucker zugefüttert haben, können Sie den dabei anfallenden Honig in Verkehr bringen. Die Brutwaben – und mit ihnen ca ⅘ der Varroamilben – werden vernichtet.
Je früher in der Schwarmzeit Sie die beschriebenen Maßnahmen durchführen, desto besser kann sich das Volk in der restlichen Bienensaison entwickeln. Werden die Völker erst im späten Juni neu gestartet, müssen sie in der Regel gefüttert werden.