Bienen in der Großstadt
Seit 2002 beschäftigt sich Erhard Maria Klein mit Bienenhaltung und hält selbst 5 Bienenvölker in seinem Schrebergarten mitten in Hamburg. Seither ist er Mellifera e. V. in fruchtbarer Freundschaft und Zusammenarbeit verbunden. Seine aktuelle Forschung gilt dem Projekt Bienenkiste. Thomas Radetzki hat sich mit ihm unterhalten.
20. Oktober 2009
Erhard Maria Klein
Interview / Stadtbienen
Erhard Maria Klein betreibt die Firma Weitblick Internetwerkstatt. Bei Mellifera e. V. sorgt er für den technischen Hintergrund der zahlreichen Internetseiten des Vereins. Seit dem Jahr 2002 beschäftigt sich Erhard Maria Klein mit Bienenhaltung. Seither ist er Mellifera e. V. in fruchtbarer Freundschaft und Zusammenarbeit verbunden. Seine aktuelle Forschung gilt dem Projekt »Bienenkiste«. Erhard Maria Klein ist verheiratet und lebt in Hamburg. Thomas Radetzki hat sich für „Biene Mensch Natur“ mit ihm unterhalten.
Wie hast Du Mellifera kennen gelernt?
Selbstversorgung in der Stadt ist ein Thema, das mich schon lange interessiert. Also habe ich mir einen Kleingarten zugelegt und als nächstes sollten dann Bienen her. Heute heißt so etwas „urban farming“. Ich habe mich dann ein wenig informiert und mir war schnell klar, dass nur wesensgemäße Bienenhaltung infrage kommt und dass ich gleich mit Einraumbeuten beginnen will. Es folgten ein Telefongespräch mit Dir und der Besuch des Faschingsseminars. Ich habe dann nach dem Faschingsseminar in Hamburg noch einen konventionellen Imkerkurs besucht und parallel mit drei Schwärmen in Einraumbeuten begonnen.
Wie ging es Dir mit der Umsetzung der Seminarinhalte?
Für mich war es sehr interessant, die konventionelle Magazin-Betriebsweise mit Absperrgitter, Schwarmverhinderung, Mittelwänden usw. kennen zu lernen und gleichzeitig in meinen Einraumbeuten zu imkern. Ich bin ja auch Mitglied in unserem örtlichen Imkerverein. Und ich habe viele Probleme, die ich in meinem Umfeld beobachte, nie gehabt. Naturwabenbau und Vermehrung über den Schwarmtrieb klappen bei mir wunderbar. Das führe ich nun nicht darauf zurück, dass ich ein besonders begabter Imker wäre, sondern vor allem auf die Vitalität der Schwärme und darauf, nicht mehr als nötig in die Völker einzugreifen.
Welchen Stellenwert haben Bienen für Dich persönlich?
Bienen sind für mich besondere Wesen in Gottes Schöpfung. Sie bringen uns Menschen mit Honig und Wachs, Süße und Licht. Sie sind ein besonderes Geschenk für uns. Alle Bienenprodukte sind auch Heilmittel.
Mit ihrer Bestäubungstätigkeit, wo sie vielfältigen Nutzen spenden, ohne etwas zu zerstören, sind sie wie Katalysatoren.
Mir gefällt auch, dass die Bienen so selbständig sind und ihren eigenen Willen haben. Ich glaube, dass Bienenhaltung dann gut gelingt, wenn wir dies respektieren und auch nur das von den Bienen nehmen, was sie uns „gerne geben“ - die Überschüsse. Bienen in erster Linie als landwirtschaftliches Produktionsmittel zu sehen, führt meiner Meinung nach in eine Sackgasse.
Wie ist es zu der „Bienenkiste“ gekommen? Was willst Du damit erreichen?
Für mich war es eine konsequente Weiterentwicklung dieser Gedanken und ich glaube, dass es vielen Menschen heute ähnlich geht. Sie sind fasziniert von dem „Geschöpf Biene“ und sehen auch die Bedeutung der Biene für den Naturhaushalt. Wenn Bienen eigentlich sehr selbständig leben können und wenn der Honigertrag bei einer reinen Hobbyimkerei nur eine untergeordnete Bedeutung hat, warum muss man dann einen solchen Aufwand betreiben, um Bienen halten zu können? Ich habe nach einer Betriebsweise gesucht, die möglichst wenig in die natürlichen Lebensabläufe der Bienen eingreift, und gleichzeitig einfach zu handhaben ist, so dass sie auch für Anfänger geeignet ist. Ich denke, die Zukunft liegt eher bei Imkern, denen es vor allem um die Freude mit den Bienen und an der Natur geht. Der Honigertrag steht dabei nicht im Vordergrund. Eher geht es darum, nicht so viel Zeit und Geld investieren zu müssen.
Wie sieht Deine Imkerei heute aus?
Ich habe 4 bis 6 Bienenvölker in unserem Kleingarten mitten in der Stadt. Ich lasse die Völker auf ihrem eigenen Honig überwintern und „pflücke“ die Schwärme meistens aus dem Apfelbaum meines Nachbarn.
Und was machst Du mit den ganzen Schwärmen?
Ja, das ist es ja gerade – Imkern in der Bienenkiste heißt mit dem Überfluss zu imkern. Deshalb programmiere ich gerade eine Schwarmbörse für das Internet: www.schwarmboerse.de. Es gibt nämlich auch eine große Nachfrage nach Schwärmen. Das vermitteln wir mit modernster Technik! Wenn bei Dir ein Schwarm hängt, schickst Du eine SMS an unseren Server und bekommst die Telefonnummern der nächstgelegenen suchenden Imker.
Was schätzt Du an der Arbeit von Mellifera besonders?
Ich schätze es sehr, dass bei Mellifera unvoreingenommen und ernsthaft geforscht wird, auch mit der Bereitschaft, sich selbst immer wieder infrage zu stellen. Ebenso schätze ich die Offenheit für Vernetzung und Dialog. Ich habe Mellifera so kennen gelernt, dass es allen Beteiligten tatsächlich um das Wohl und die Zukunft der Biene geht und nicht darum, sich selbst oder einer bestimmten Ideologie Bedeutung zu verleihen. Man versucht, die Probleme, die erkannt worden sind, konkret anzugehen und redet nicht nur darüber: Die Gründung des „Netzwerks Blühender Landschaft“ ist dafür ein sehr gutes Beispiel.
Für deine Programmierungsarbeiten an unseren Internetseiten berechnest Du nur einen Bruchteil dessen, was üblich wäre. Womit finanzierst Du Deinen Lebensunterhalt?
Ich arbeite hauptsächlich für Organisationen im kirchlichen und Non-Profit-Bereich und berechne für meine Arbeit normalerweise marktübliche Preise. Aber ich nehme mir auch die Freiheit, Projekte die mir selbst sehr am Herzen liegen, zu unterstützen. Das geht natürlich nur, weil meine Frau und ich uns darin einig sind, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt, als für die Altersversorgung zu sparen.
Ich habe Dich niemals anders als geduldig, zuvorkommend, sorgfältig und verbindlich erlebt. Auch Humor fehlt nicht. Gib uns mal einen Tipp…
So bin ich halt… Ich habe aber auch lernen müssen, dass man sich in unserer schnellebigen, hoch verdichteten Zeit schnell verlieren kann. Ich ziehe mich deshalb mehrmals im Jahr für einige Tage in ein Kloster zurück und versuche, in der Stille und im Schweigen wieder zu mir selbst zu kommen.
Gibt es etwas, was Du Mellifera wünschst?
Ich wünsche Mellifera vor allem eine bessere finanzielle Grundlage – z.B. über den Stiftungsfond und viele BeeGood-Patenschaften. Ich weiß, mit wie viel persönlichem und ehrenamtlichem Engagement die Arbeit getragen wird und wie manche gute Ideen nicht umgesetzt werden können, weil das auch immer etwas mit Geld zu tun hat…