Entspannte Honigernte
Honigernte im Liegen: eine Variante der Honigernte, die für Biene und Mensch maximal entspannt ist.
12. Juli 2024
Erhard Maria Klein
Honig / Honigernte
Ich habe gerade mal wieder Honig in meiner Bienenkiste geerntet. Dieses Jahr war der Witterungsverlauf in Hamburg und die Volksentwicklung in der Bienenkiste optimal, so dass der Honigraum komplett mit Honig gefüllt war. Das Volk war nicht geschwärmt. Die Brut im Honigraum war schon ausgelaufen, so dass sich dort keine einzige Brutzelle mehr befunden hat. Es gab nur einen Haken …
Ich mache schon seit Jahren keine Mittelwände mehr in den Honigraum, sondern nehme einfach die Trägerleisten vom letzten Jahr. Die Leisten gebe ich direkt nach der Ernte, nach dem ich die Waben abgeschnitten habe, noch einmal kurz ins Bienenvolk zum “Sauber machen”. Die Wachsreste kratze ich dann aber für eine erneute Verwendung im Folgejahr nicht ab, sondern spitze sie – falls etwas mehr stehen geblieben ist – mit einem Messer in Richtung Mittelwand etwas an, so dass es ein dreieckiges Profil gibt. Nach meiner Erfahrung bauen die Bienen überwiegend an der richtigen Stelle. Manchmal gibt es aber etwas Wildbau. Das nehme ich Inkauf.
In diesem Jahr hatte ich die Idee, wenigstens ein paar Trägerleisten im Mittelblock mit Mittelwänden auszustatten. Ich hatte eine ganze und vier diagonal halbierte Mittelwände genommen. Meine Ziel war, dass so der Schwarmtrieb vielleicht etwas gedämpft würde und die Bienen vielleicht schneller anfangen, Honig in den Honigraum einzulagern.
Da meine Kiste aber schon etwas älter ist (Baujahr 2009) und die etwas jüngeren Trägerleisten nicht hundertprozentig zu den Innenmaßen der Kiste passen (und ich beim Einsetzen nicht sorgfältig genug gearbeitet hatte), musste ich ein paar Tage später feststellen, dass ein paar Honigraumleisten wieder raus gerutscht waren – und zwar natürlich die Leisten mit den Mittelwänden, in die tatsächlich schon Honig eingetragen worden war und die dadurch schon einiges Gewicht zu tragen hatten. Als ich das bemerkt hatte, habe ich diese abgestürzten Waben heraus genommen, und nicht wieder ersetzt, weil über die Leisten direkt am Kistendach schon wieder gebaut und Honig eingetragen worden ist.
Ich wusste also, dass ich bei der diesjährigen Ernte eine Mischung aus Waben an Trägerleisten und fest am Kistendeckel angebaute Waben vorfinden würde und bin so vorgegangen, wie ich hier beschrieben habe: Tipps zur Honigernte bei Wildbau. Das hat auch hervorragend geklappt. Ich konnte nur ca. drei Waben einzeln an Trägerleisten entnehmen. Den Rest habe ich als zwei Blöcke entnommen, die später weiter verarbeitet habe. Die fest angebauten Waben habe ich jeweils auf einer Seite mit dem Bienenbesen von den Bienen befreit, dann umgeknickt, auf die Handfläche gelegt und dann von der anderen Seite abgefegt. Den Wabenrest, der beim Umknicken am Kistendach zurück geblieben war, hatte ich zunächst dort belassen. Am nächsten Tag habe ich noch mal die Kiste hinten am Rückbrett geöffnet, ein kleines Tablett hineingestellt und die Wabenreste mit dem Stockmeißel vom Dach abgetrennt. Das gab dann noch mal ein halbes Honigglas.
Die gesamte Aktion war absolut ruhig verlaufen. Die Bienen sind nicht aggressiv geworden, obwohl sich die Ernte etwas hingezogen hat. Und deshalb schreibe ich diesen Blogartikel und komme jetzt auch endlich zum Punkt … 😉
Honig “im Liegen” ernten
In der Standard-Anleitung zur Honigernte wird die Kiste – wie zur Inspektion – mit dem Ständer aufrecht gestellt. Das ergibt dann zwar eine angenehme Arbeitshöhe, aber die auffliegenden und rückkehrenden Bienen finden den Eingang nicht und kreisen vor der Kiste. Das ist zwar kein Problem, und diese Bienen sind auch nicht aggressiv, aber gerade wenn es länger dauert, steht man irgendwann in einer Bienenwolke. Außerdem ist das Bodenbrett abgenommen und der Wabenkörper ist die ganze Zeit offen.
Bei der oben beschrieben Ernte hatte ich die Kiste “auf den Rücken gelegt” und das Bodenbrett versetzt wieder aufgelegt. Dadurch finden rückkehrende Bienen den Eingang und der Brutraum bleibt geschlossen. Die Ernte findet hinter der Kiste statt. Es gibt also keine “Bienenwolke” und – weil das Brutnest abgedeckt bleibt – weniger Bienen, die auf die Idee kommen könnten, zum Angriff zu blasen. Die Bienen im Honigraum, den wir ja gerade zerlegen, verhalten sich sehr friedlich, wie wir es auch vom Trommelschwarm her kennen.
Diese Art der Ernte kann also unterm Strich für Imker und Biene noch angenehmer und stressfreier sein. Sie hat aber den Nachteil, dass die schwere Kiste komplett umgedreht werden muss. Ich beschreibe hier noch einmal die Schritte, wenn du es selbst mal ausprobieren willst. Siehe auch Tipps zur Honigernte bei Wildbau:
- Rauch geben und einen Moment warten.
- Kiste hoch kippen und dann im aufgestellten Zustand auf der Stirnseite/Dachüberstand um 180 Grad drehen.
(Da die Kiste zum Zeitpunkt der Honigernte maximal schwer ist, ist es ratsam, das zumindest beim ersten Mal zu zweit zu machen. Die schwere Kiste zu halten und dann noch zu drehen, beinhaltet etwas mehr Komplikationspotential, als sie normal mit dem Ständer aufzustellen. Die Kiste muss auf die hier beschrieben Art gedreht werden. Auf keinen Fall über die Seite kippen. Dann brechen die Waben ab!) - Die Bienenkiste wieder in die ursprüngliche Position mit dem Flugloch nach vorne zurück kippen. Aber jetzt zeigt der Boden nach oben, die Kiste liegt auf dem Dach.
(Das Flugloch ist jetzt weiter oben. Damit kommen die Bienen aber zurecht.) - Boden abnehmen und nach vorne versetzt sofort wieder auflegen, so dass der Brutraum wieder geschlossen, der Honigraum aber komplett offen bleibt.
(Den Boden nicht verschieben! Das würde die Bienen ziemlich sicher sehr aggressiv machen!) - Mit der Ernte beginnen.
- Am Ende Boden erneut hoch nehmen und wieder in der ursprünglichen Position auflegen.
- Etwas warten …
- Kiste wie bei 2.) beschrieben erneut drehen und in die ursprünglichen Lage und Position zurück kippen.
Ich lasse die Kiste am Ende, wenn ich den Boden wieder aufgelegt habe, eine ganze Zeit verkehrt herum liegen, damit die Bienen, die bei der Ernte abgefegt worden waren, Zeit haben, zurück zu kehren und wieder Ruhe in der Kiste einkehrt. Die Tatsache, dass die Kiste auf dem Rücken liegt, irritiert die Bienen kaum.