Dunkle Biene

Welche Bienenrasse soll ich halten? Mit dieser Frage muss sich jeder Imker zumindest am Beginn seiner „Laufbahn“ auseinandersetzen. Mancher Anfänger glaubt, es wäre besonders naturgemäß, die Dunkle Biene zu halten, weil er sie für eine besonders ursprüngliche, robuste Bienenrasse hält.

4. Juni 2015 Erhard Maria Klein
   Wesensgemäße Bienenhaltung / wildlebende Bienen / Hypes+Hoffnungen

Dunkle Biene (Foto: „Abeille-bee-profil“ von Emmanuel Boutet (CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons))
Dunkle Biene (Foto: „Abeille-bee-profil“ von Emmanuel Boutet (CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons))

Es gibt heute tatsächlich Bestrebungen, die Dunkle Biene wieder in Gegenden anzusiedeln, wo sie mittlerweile vollständig verdrängt worden ist, weil sie ja als ursprüngliche Bienenrasse dorthin gehöre. Dazu werden dann z.B. Dunkle Bienen aus Skandinavien nach Deutschland importiert, denn dort gibt es noch natürliche Vorkommen. Aber diese ist eben keine bei uns lokal an das Kleinklima und die örtlichen Vegetationsbedingungen angepasste Bienenrasse, und man versucht mit denselben Mitteln und subjektiven Argumenten, mit denen man damals die Carnica als fremde Biene hier etabliert hat (»besser geeignete Biene«), nun eine Dunkle Biene von außerhalb zu etablieren. Außerdem hat sich seit damals das Gesicht der Vegetation und Landwirtschaft wesentlich geändert, und wir können davon ausgehen, dass sich auch das Klima langsam ändert. Es stellt sich daher die Frage, ob die ehemals hier heimische Dunkle Biene heute tatsächlich noch optimal angepasst wäre.

Bienenhaltung ist zudem nicht ausschließlich Privatsache. Da meine Bienen sich mit denen meiner Nachbarn paaren, hat die Entscheidung für eine Bienenrasse auch immer Auswirkungen auf meine Umgebung. Heute finden wir folgende Situation vor: Jeder Imker entscheidet frei, welche Bienenrasse er halten will und besorgt sich Carnica, Buckfast oder Dunkle Bienen bzw. deren Königinnen von irgendwoher. Es ist also unter den momentanen Umständen unmöglich, dass sich eine lokal angepasste Bienenrasse neu etablieren kann. Wer gezielt züchten will, muss auf „künstliche“ Mittel wie Belegstellen oder gar künstliche Besamung zurückgreifen.

Bienenhaltung ist nicht ausschließlich Privatsache.

Die wesensgemäße Perspektive

Vernünftig aus wesensgemäßer Perspektive wäre dagegen eigentlich eine ortsfeste Vermehrung und züchterische Auslese über eine freie Paarung mit Drohnen aus der Nachbarschaft (»Standbegattung«) bei starker Einschränkung von Bienen- oder Königinnenimporten. So könnten sich mittelfristig neue lokal angepasste Rassen entwickeln. Dieser Gedanke ist heute leider etwas utopisch. Viele wesensgemäße Imker verhalten sich aber dennoch entsprechend und vermehren ihre Bienenvölker nur über Standbegattung und beziehen neue Bienenvölker oder Königinnen nur von Imkern aus der Region. Sie fragen also nicht nach der Rasse, sondern versuchen ihren Teil dazu beizutragen, jeweils neue »Landrassen« aus den derzeit lokal vorkommenden Bienenvölkern zu etablieren – auch wenn das nur schwer gelingen kann, solange sich nicht ein größerer Teil der Imkerkollegen ebenso verhält. Wenn sich die Imkerschaft einer Region aber einig wäre, könnte es dort bald neue, lokal angepasste Bienenrassen geben.

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