Die Bienenkiste feiert ihren 15. Geburtstag

Als eine echte Erfolgsgeschichte lässt sich die Entwicklung der Bienenkiste bezeichnen. Vor 15 Jahren als kleines Imker-Projekt gestartet hat sie nun eine eingeschworene Community um sich geschart.

27. Juni 2024 Erhard Maria Klein
  

img/hero.jpg

2009: Der Bitcoin startet, die Keplerschen Gesetze feiern 400 Jahre und in Deutschland wird ein weiterer Bienenkasten erfunden. Erfunden? Es war eine lange Suche, in der sich Erhard Maria Klein durch viele Bienenbehausungen und Betriebsweisen gearbeitet hat, um eine zeitgemäße und möglichst extensive Betriebsweise zu finden. Sie sollte eine Freizeitbienenhaltung ermöglichen, bei der die Bienen möglichst unbehelligt ihrem Bienenleben nachgehen können, während „ihr Mensch“ ihre Lebensweise kennen-, verstehen und lieben lernt.

Der Krainer Bauernstock und die Bienenkiste

Diese Suche führte Klein nach einem Tipp von Thomas Radetzki zum Krainer Bauernstock aus Slowenien: eine flache Holzkiste, die im Bienenhaus gestapelt und für die Wanderung zu höher gelegenen Gebirgstrachten auf dem Rücken getragen werden konnte.

Die Proportionen der Bienenkiste orientieren sich am Krainer Bauernstock. So erscheint ihre Bauhöhe mit 20 Zentimetern sehr flach. Diese geringe Höhe hängt mit der Betriebsweise zusammen: Bienen bauen bei einer Wabenhöhe bis 20 Zentimeter ihre Waben nicht am Boden an. Das ist wichtig, weil der Boden so beweglich bleibt und die Bienenkiste von unten geöffnet werden kann. Der Boden ist dafür mit Spannverschlüssen am Korpus befestigt, beim Krainer Bauernstock war er eher fest vernagelt. Gelegentlich wird in wesensgemäßen Imkerkreisen moniert, die Bienen könnten in der Bienenkiste keine kugelrunde Brutnestanlage verwirklichen. Wir alle wissen jedoch, wie plastisch Bienen mit den ihnen gegebenen Höhlen umgehen. Und die Erfahrung mehrjährig überwinternder Völker zeigt, dass sie dadurch keinen Nachteil erfahren. Die Winterkugel kann sich auch in diesem Raum perfekt formieren, und der sehr lange Zehrweg – also die Strecke auf einer Wabe, entlang der sich die Bienen in der Wintertraube durch die gesammelten Vorräte zehren können, ohne auf eine andere Wabe springen zu müssen – begünstigt eine gute Überwinterung.

Beim Krainer Bauernstock wurden Leitstreifen aus Wachs direkt innen an der Oberseite angegossen. In der Bienenkiste wird ein handwerklich anspruchsloserer Weg gewählt: Die Anfangsstreifen werden zwischen hölzerne Trägerleisten eingenagelt und mit ihnen an der Oberseite angebracht.

Der Krainer Bauernstock wurde auf spezielle Weise betrieben, die ein wenig der Imkerei im Alemannischen Rumpf ähnelt und die „Grundgesetze der Bienen“ einbezieht: Die Bienen bauen ihre Waben zunächst nah des Fluglochs und lagern ihre Honigvorräte weit davon entfernt ein. In einem langen schmalen Kasten ist das also hinten. Von dort wurde der Honig im Frühjahr ausgeschnitten. Daraufhin wurde der Kasten um 180 Grad gedreht und das Stirnbrettchen mit dem Flugloch an der neuen Vorderseite angebracht. Der beerntete, leere Bereich des Kastens lag nun vorne und wurde von den Bienen erneut ausgebaut und bebrütet. Den nächsten Honig trugen die Bienen in die vormals bebrüteten Waben ein, von wo er im Folgejahr erneut geerntet wurde. Mit der Honigernte wurde auch altes Wabenwerk regelmäßig entfernt.

Bei der Bienenkiste wird Honig geerntet, indem man die jährlich frisch gebauten Waben im hinteren Drittel der Bienenkiste an Oberträgern herausnimmt (nicht schneidet). Über den dann freien Bereich kann gegen die Varroamilbe behandelt oder von dort aus Futter verabreicht werden. Weder Behandlungsmittel noch Zucker gelangen in den Honig. Natürlich wäre eine Honigernte im Frühjahr, bei der sich Imkernde ausschließlich auf die tatsächlichen Überschüsse beschränken, wünschenswert. Sie ist aber unter heutigen Bedingungen (Behandlungspflicht gegen Varroa und die an vielen Orten notwendig gewordene Fütterung der Bienen, die häufig mit Zucker geschieht) schwer zu realisieren.

Einfach aber nicht ohne Anspruch

Honigbienen sind ursprünglich in der Lage, selbständig zu leben. Probleme, die ihnen erst in jüngerer Zeit zu schaffen machen, sind der Nahrungsmangel und die Varroamilbe mit den von ihr übertragenen Krankheiten. Um als Mensch zu wissen, wann man imkerlich gefragt ist, müssen wir nicht ständig in ein Bienenvolk hineinsehen. Vielmehr müssen wir uns üben, sein völliges Aufgehen in Landschaft und Jahreslauf nachzuvollziehen. Und wir müssen lernen, wann wir tatsächlich imkerlich gefordert sind und welche Konsequenzen aus dem eigenen Handeln an den Bienen zu erwarten sind.

So stellt gerade eine besonders extensive Bienenhaltung die Anforderungen, die wir generell an den Umgang mit den Bienen stellen, in den Vordergrund: Jeder Eingriff erfolgt bedacht und mit Sorgfalt. Über die Beobachtung der Umgebung und das Verhalten des Biens am Flugloch schließen wir auf sein Inneres und genießen es, bei einer Öffnung der Bienenkiste auch für einige Momente am geschäftigen Innenleben teilnehmen zu dürfen. Da keine Waben bewegt werden, nehmen die Bienen meist auch kaum Notiz von uns.

Die Bienenkiste feiert ihren 15. Geburtstag

Happy birthday und weiter so?

15 Jahre später: Die Bienenkiste hat vielen Menschen den Einstieg in die Bienenhaltung ermöglicht. Ähnlich Abbé Émile Warrés Ruche Populaire, der „Volksbeute“, hat die Bienenkiste die Bienenhaltung wieder unter die Menschen gebracht und für eine Verjüngung und auch für ein Umdenken im Umgang mit den Bienen gesorgt. Insbesondere die natürliche Vermehrung über den Schwarmtrieb hat – dank der Bienenkiste und der in dem Zusammenhang entwickelten Schwarmbörse – wieder an Bedeutung gewonnen. Hat die Bienenkiste damit ihren Dienst getan? Welche Zukunft steht ihr bevor?

Erhard Maria Klein plant das Jubiläumsjahr zu nutzen, um neue Impulse zu geben: „Die globale Krise erfordert ein radikales Umdenken. Aktuell beobachten wir ein wachsendes Interesse an Lowtech, Degrowth und der lokalen Produktion von Lebensmitteln. Die Bienenkiste als Selbstbau- und Selbstversorger-Konzept kann dazu beitragen, die Resilienz in lokalen Gemeinschaften zu stärken und das Bewusstsein dafür zu fördern.“

« Entspannte Honigernte | Blog-Übersicht | Bienenkiste: Putztag und Status Quo »