Die Bienen, die Milben und Wir
Was hat man zu einem Thema noch hinzuzufügen, das doch in augenscheinlicher Vollständigkeit durch Fachpresse und -literatur geistert? Persönliche Erfahrung und Einstellungen!
19. Januar 2016
Sarah Mönke und Daniel Becker
Bienengesundheit / Varroa / Varroabehandlung
Gastbeitrag: Varroakontrolle und -behandlung im Überblick – (k)ein (Patent)Rezept.
von Sarah Mönke und Daniel Becker
Es gibt zwei Methoden, um regelmäßig den Varroabefall der Bienenvölker festzustellen (abzuschätzen): Mit einem Diagnoseboden („Varroawindel“), bei dem vom Totenfall der Varroamilben auf die Lebendpopulation im Volk extrapoliert wird. Und die Puderzuckermethode; hier wird von einer definierten Stichprobe (50g) Bienen der Lebendbefall ermittel und daraus der Lebendbefall mit Varroamilben im gesamten Volk hochgerechnet. Uns ganz persönlich scheint es sicherer zu sein, von dem Lebendbefall in einer Stichprobe auf die Gesamtpopulation zu schließen. Daher haben wir uns von Anfang an, für die Puderzuckermethode entschieden….
Grundsätzlich halten wir uns recht strikt an die Anleitung für die Varroakontrolle vom Bieneninstitut Kirchhain, da wir die wissenschaftliche Basis als fundiert und strukturierend empfinden. Natürlich könnte man anbringen, dass eine „Proforma“-Behandlung 2x mit Ameisensäure und 1x mit Oxalsäure, weniger aufwendig und ebenfalls sehr strukturiert wäre. Allerdings finden wir, dass der Arbeitsaufwand bei guter Organisation (und für fünf Bienenvölker) dennoch überschaubar bleibt, und uns das Wissen um den aktuellen Zustand der Völker sowie die eventuelle Vermeidung von unnötigen Belastungen (und Aufwendungen) sehr wichtig ist. Schließlich gab es schon Zeiträume von eineinhalb Jahren, in denen wir guten Gewissens keinerlei Behandlung durchgeführt haben!
Es gab schon Zeiträume von eineinhalb Jahren, in denen wir aufgrund der Varroakontrolle guten Gewissens keinerlei Behandlung durchgeführt haben!
Varroakontrolle konkret
Die entsprechende Kontrolle führen wir laut Anweisung im Abstand von einem Monat ab einschließlich Juli bis Oktober durch. Wir stoßen die am Bodenbrett sitzenden Bienen auf eine stabile Folie, die dann einmal zusammengefaltet verhindert, dass die Bienen rasch auffliegen und als Einfülltrichter in den Messbecher dient. Die durch den Messbecher (100ml) definierte Bienenmenge von etwa 500 Bienen (50g) füllen wir rasch in einen Behälter der oben verschlossen werden kann und unten ein bienendichtes Gitter besitzt. Über die Gitterseite verteilen wir dann fünf leicht gehäufte Esslöffel (etwa 35g) feinen Puderzuckers (kein feucht aufbewahrter) in den Behälter auf die Bienen. Dann werden die Bienen im Behälter beherzt geschüttelt und drei Minuten in Ruhe gelassen. Für uns hat sich bewährt, in der Zeit in der die erste Bienen-„Probanden“gruppe bereits mit Puderzucker geschüttelt wurde und nun drei Minuten „arbeitet“, bereits in einem zweiten baugleichen Behälter die nächste Stichprobengruppe zu bearbeiten – das spart viel Zeit und sorgt für einen routinierteren Ablauf. Nach Ablauf der Zeit drehen wir den Behälter über einem Gefäß um und schütteln den Puderzucker wieder aus. Die Bienen werden über das Rückbrett in die Kiste zurückgelassen. Den aufgefangenen Puderzucker kontrollieren wir auf Varroamilben. Wir benutzen kein Sieb um die Milben von dem Puderzucker zu trennen, weil einerseits ohnehin zahlreiche Partikel (die auf dem Bodenbrett lagen) auch im Sieb bleiben und anderseits sind wir zu ungeduldig und würden beim erneuten Sieben beim Nachhelfen mit einem Löffel vermutlich Milben „zerkleinern“ und entsprechend nicht mitzählen. Außerdem kann man die sich bewegenden, lebenden Milben im Puderzucker schneller identifizieren.
Die ermittelten Varroamilbenanzahl notieren wir auf dem Laptop in die, zum Volk gehörende, Tabellendatei (moderne Stockkarte). So kann es vermieden werden, dass man später die falschen Völker behandelt oder gar aus Verunsicherung über die Richtigkeit der Erinnerung, den Test wiederholen muss. Später zu Hause ermitteln wir in Ruhe an Hand der Schadschwellentabelle den Befallsgrad und planen eine eventuell notwendige Behandlung.
Beispiel: Aufzeichnungen von einem Bienenvolk im September/Oktober 2015:
Datum | Gewicht (kg) | Vorrat (kg) | Bemerkung | Tracht | Eingriff |
---|---|---|---|---|---|
11.09.2015 | 51 | 16 | 0,7kg Zucker reingestellt | wiegen + wenig auffüttern | |
12.09.2015 | 19,6 | mit 3,6kg Zucker auffüttern | auffüttern | ||
28.09.2015 | 26 Varroen (Schadschwelle September 25) -> AS-Behandlung! | Efeublüte | Varroak. + Beginn Ameisensäurebehandlung | ||
30.09.2015 | 30ml AS verdunstet -> 15ml/d -> OK | Kontrolle AS-Verdunstung | |||
10.10.2015 | AS Behandlung beendet; sehr viele tote Milben |
Soweit die Theorie, aber…
… in der Praxis sieht man sich einer Reihe von (uneingeplanten) Problemen konfrontiert, für die wir teilweise auch noch keine zufriedenstellende Lösung gefunden haben:
Auf Grund der milden Witterung im Winter (im dritten Jahr in Folge!), ist eine erhöhte Belastung zu erwarten, da die brutfreie Phase, wenn sie überhaupt stattgefunden hat, sehr kurz war und sich die Varroamilben den ganzen Winter hindurch vermehren konnten. Zusätzlich ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Oxalsäurebehandlung nicht in der brutfreien Zeit geschehen ist oder ausbleiben musste. Wir werden dann bereits im Juni die erste Varroakontrolle durchführen, und bei Verdacht (verkrüppelte Bienen am Flugloch etc.) sogar schon im Mai – was durch die ohnehin in dem Zeitraum anfallende Schwarmkontrolle, keinen wesentlichen Zusatzaufwand bedeutet. Da die offizielle Schadschwellentabelle allerdings erst ab Juli beginnt, haben wir keine Referenzwerte für den Befallsgrad für den davor liegenden Zeitraum. Wir überbrücken dies, in dem wir uns grob an die Referenzwerte für Juli halten, denn größer dürften sie eher nicht sein, da das Volk durch das steigende Brutgeschäft stetig wächst und daher bei gleicher Anzahl gezählter Milben bei der Kontrolle, die Belastung auf keinen Fall höher sein sollte als mit dem Juliwert.
Ein weiteres Problem tritt insbesondere bei Völkern im ersten Jahr auf: Sie sind noch so klein, dass sich kaum Bienen am Bodenbrett befinden. Abfegen, bringt meist außer schlecht gelaunter Bienen auch nicht viel. Dieses Volk werden wir, in so fern es ein Jungvolk ist, im Spätsommer mit anderen Bienenvölkern sicherheitshalber einmal mit Ameisensäure behandeln.
Eine sehr lästige Komplikation stellen zu hohe Temperaturen (ab ca. 25°C) dar. Denn dann fliegen die Bienen auf, sowie das Bodenbrett geöffnet wird. Zudem sind die Bienen dann recht angespannt und lassen das provisorische (meist nicht Zielführende) Zusammenfegen nicht kampffrei über sich ergehen. Besser ist es, die Temperaturen im Vorhinein im Blick zu haben und an einem etwas kühleren Tag oder in den sehr frühen Morgenstunden (oder sehr späten Abendstunden) tätig zu werden.
Zu guter letzt, haben wir, meist im Spätsommer, festgestellt, dass der Befallsgrad manchmal bei einigen Völkern innerhalb eines Monates extrem (von fast keine Belastung bis weit über die Schadschwelle) steigt. Der Grund dafür kann entweder eine Fehlmessung oder aber die so gefährliche, rasante Befallsentwicklung durch Reinvasion im Spätsommer sein.
Ob also speziell im August eine zusätzliche Kontrolle notwendig ist, oder aber, wie Fehler bei der Kontrolle vermieden werden können, wird bei uns noch Diskussionsthema sein…
Die Gastautoren: Sarah Mönke und Daniel Becker
Wir halten in Tharandt (bei Dresden) seit Juni 2012 Bienen in Bienenkisten und haben über die Jahre auf fünf Bienenvölker aufgestockt. In unseren Selbstversorgergärten sind sie ein bedeutender Beitrag zur Vernetzung des Systems und eine Bereicherung unseres Lebensumfeldes.
Neben dem jährlich im Frühjahr stattfindenden Seminarwochenende auf der Johannishöhe (bisher von Erhard Maria Klein durchgeführt) bieten wir ebenfalls zwei bis drei Workshops zu bestimmten Themen und zur Vernetzung alter Hasen und Einsteiger an Samstagnachmittagen, direkt an unserem Bienenstand, an. Darüber hinaus helfen wir jedem der sich bei uns meldet und heißen jeden willkommen der sich in das Thema Bienenhaltung einfühlen möchte.