Bienenkiste: noch extensiver imkern

Die Standartbetriebsanweisung der Bienenkiste ist so ausgelegt, dass Anfänger möglichst wenig Komplikationen erleben. So kommen Mittelwände an zwei Stellen zum Einsatz: Anfangsstreifen als Bauvorgaben im Brutraum und ganze Mittelwände im Honigraum. Es geht aber natürlich auch ganz ohne fremdes Wachs.

4. Juni 2015 Erhard Maria Klein
   Naturwaben / Wesensgemäße Bienenhaltung / Honigernte / Schwarmzeit

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Die Standardbetriebsweise ist ein Kompromiss zwischen den Bedürfnissen der Bienen und denen des Imkers. Wir wollten eine Betriebsweise vorstellen, die einerseits sehr wesensgemäß ist, und andererseits auch Anfängern ohne große praktische Erfahrungen im Umgang mit Bienen den Einstieg ermöglicht. Es ist aber ohne Frage so, dass die Mittelwände ein Fremdkörper im Körper des Biens sind. Es gibt zudem eine Rückstandsproblematik, da Mittelwände aus dem Bienenwachs alter Waben recycelt werden und Umweltgifte oder Spuren von Medikamenten enthalten können, die sich im Laufe der Zeit dort angereichert haben. Daher empfehlen wir nur zertifiziert rückstandsfreie Mittelwände oder noch besser Mittelwände aus ökologischer Bienenhaltung zu verwenden.

Auch in der Natur nehmen Bienen fremdes Wachs an und integrieren es in ihren Wabenkörper. Nur deshalb funktioniert auch die Bauvorgabe mit Anfangsstreifen. Wildvölker übernehmen gerne alte Waben in leer stehenden Bienenwohnungen. Das Vorhandensein alter bebrüteter Waben ist sogar ein Auswahlkriterium für die Wahl der Bienenwohnung. Die Verwendung von Wachsanfangsstreifen als Bauvorgabe halte ich daher unter wesensgemäßen Gesichtspunkten eher für unkritisch.

Mittelwände im Honigraum

Anders sieht es im Honigraum aus. Es gibt verschiedene Gründe, warum wir Anfängern empfehlen, im Honigraum Leisten mit ganzen Mittelwänden einzusetzen. Zum einen werden die vorgeprägten Zellen von den Bienen als Wabenzellen erkannt. In der Trachtzeit sind sie darum bemüht, alle leeren Zellen mit Honig zu füllen. Die vorhandenen leeren Zellen liefern Informationen darüber, wie viel Honig benötigt wird. Wenn wir als Imker nun zusätzliche leere Zellen ins Volk bringen, erhöht das den Sammeleifer der Bienen. Auf diesem Trick basiert die gesamte moderne Imkerei. Die Erweiterung mit leeren Waben oder Mittelwänden hat eine andere Wirkung, als würde man nur einen zusätzlichen leeren Raum ohne Waben öffnen. Wenn die Bienen erst noch die Waben bauen müssen, um weitere Vorräte einlagern zu können, kommen sie viel schneller in Schwarmstimmung und investieren ihre Kräfte lieber in die Gründung einer neuen Kolonie, als Vorräte zu sammeln, die sie wahrscheinlich gar nicht selbst brauchen. Die Mittelwände im Honigraum erhöhen also den Ertrag und verringern die Schwarmneigung.

Ein weiterer Grund ist, dass frisch gebaute, unstabilisierte Naturwaben bruchgefährdeter sind als Waben mit Mittelwand. Bei sogenannten »Stoßtrachten«, wenn innerhalb weniger Tage viele Kilogramm Nektar eingetragen werden, können Waben schneller aufgrund ihres Eigengewichts abreißen. Auch sehr warme Tage erhöhen das Risiko von Wabenbruch. Die Honigernte Ende Juli fällt genau in die wärmste Jahreszeit und es kann passieren, dass Waben bei der Ernte von der Holzleiste abbrechen. Es gibt für Anfänger kaum eine unerfreulichere Situation, als Wabenbruch während der Ernte – Honig läuft heraus, Bienen kleben im Honig fest, überall wimmeln Bienen. Deshalb raten wir dazu, zunächst einmal Mittelwände im Honigraum zu verwenden. Haben Sie bereits erste Erfahrungen gesammelt und sind sicherer im Umgang mit den Bienen, können Sie auch darüber nachdenken, auf Mittelwände zu verzichten und im Honigraum ebenfalls nur Leisten mit Anfangsstreifen einzusetzen.

Dreiecksleisten

Wer auch auf Anfangsstreifen verzichten will, kann als Oberträger einfach dreieckige Holzleisten nehmen. Die Bautraube orientiert sich normalerweise an der Spitze und fängt dort an, die Wabe zu bauen. So können Sie ganz ohne fremdes Wachs in der Bienenkiste imkern. Bei Dreiecksleisten ist die Gefahr aber größer, dass die Bienen sich die Freiheit nehmen, auch diagonal oder zwischen den Leisten zu bauen, statt an der Spitze.

Dreiecksleisten aus dem Baumarkt: Dreikantprofil auf flache Holzleiste geleimt
Dreicksleisten im Honigraum (Foto: Jan Michael, ruchebio.com)
Wabenreste mit einem Messer anspitzen
dreieckiges Profil der Wachsreste

Gebrauchte Honigraumleisten direkt wiederverwenden

Man kann es sich noch einfacher machen und die abgeernteten Trägerleisten vom letzten Jahr direkt wieder verwerten. Die Leisten geben wir ja direkt nach der Ernte, nach dem die Honigwaben abgeschnitten worden sind, noch einmal kurz ins Bienenvolk zum Sauber machen. Die Wabenreste bleiben dann aber dran und werden nicht abgekratzt. Für eine erneute Verwendung im Folgejahr werden sie – falls noch etwas stehen geblieben ist – mit einem Messer in Richtung Mittelwand etwas angespitzt, so dass es ein dreieckiges Profil gibt. Nach meiner Erfahrung bauen die Bienen überwiegend an der richtigen Stelle. Manchmal gibt es aber etwas Wildbau. Das nehme ich Inkauf.

Vereinfachte Schwarmkontrolle

Bienenkiste: noch extensiver imkern

Wenn Sie Anfangsstreifen/Dreiecksleisten im Honigraum verwenden, brauchen Sie den Boden weit seltener zu öffnen, als in der Standardbetriebsweise. Das fängt mit dem Einsetzen der Leisten im Honigraum an. Das geht dann auch relativ problemlos von hinten. So lange der Honigraum noch nicht vollständig ausgebaut ist, können Sie zudem die Schwarmkontrolle ebenfalls von hinten durchführen, ohne den Boden abnehmen zu müssen: So lange gebaut wird und die Wabenkanten ein scharfes Aussehen haben, ist das Volk noch nicht in Schwarmstimmung. Wenn die Unterkante von neu gebauten Waben von der Seite aus gesehen nicht mehr gerade bzw. in einer einzigen Kurve verläuft, sondern girlandenförmig aussieht oder die Wabenkanten im Querschnitt abgerundet aussehen, dann kommt das Volk in Schwarmstimmung. Erst jetzt ist es nötig, den Boden abzunehmen, um nach belegten Weiselzellen zu suchen. (Wenn der Honigraum vollständig ausgebaut ist, ist diese vereinfachte Form der Schwarmkontrolle nicht mehr möglich.)

Fazit: Mit ein wenig Erfahrung kann die Bienenkiste noch extensiver betrieben werden. Der Einsatz von Mittelwänden ist nicht nötig. Auf regelmäßiges Öffnen durch Aufstellen der Kiste und Abnahme des Bodens kann verzichtet werden.

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